Sandsteinküste
Salt Point State Park, Kalifornien, USA

Fritz Pölking

Marginalien

Das große Glück in der Naturfotografie:
Rudi Assauer, der bekannte Manager von Schalke 04 sagte einmal in einem Interview, ,Ich würde alles geben, wieder Fußball zu spielen'.
Diese Tragik der Sportler, mit 25 Jahren den Höhepunkt ihres Sportlerlebens zu haben und mit 30 Jahren praktisch am Ende zu sein, und die restlichen 40-50 Jahre diesen Zeiten nachtrauern zu müssen, die haben wir Naturfotografen nicht.

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Christian Grzimek von der Agentur OKAPIA (2002):

'Alles Geld für eine digitale Kameraausrüstung für die Naturfotografie ist rausgeschmissenes Geld. Es ist noch mindestens fünf Jahre zu früh '.

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Robyn Gregg von RANGER RICK (National Wildlife, USA, 2002):

Regarding electronic submissions. It is your option to submit electronically. However, you should know that electronic images do not compete on a level playing field with transparencies on a light table. I don 't doubt that they are good but they must be exceptional to go the next several steps. I do look at them all, but pixel do not sing like silver does. Again, it is your choice, and I will work with you.

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Lea Schänker von der Agentur Helga Lade (2002):

Für 95% aller eingesandten Datensätze von Fotografen gilt: Der vom Fotografen benutzte Scanner hat eine sehr merkwürdige Struktur hineingescannt, mit Quer- und Längslinien. Dazu kommt, das die Bilder teilweise sehr verstaubt sind, die Farben zum größten Teil kaputtbearbeitet, und der Kontrast ebenfalls bei fast allen kaputtgezogen wurde. Diese Bilder können nur zum geringen Teil gerettet werden. Das .größte Problem stellt die Unschärfe dar. Jedes Bild ist so unscharf, dass man meint, ein Weichzeichnungsfilter sei drüber gelegt worden.
Meine Vermutung bestätigt sich mehr und mehr: Fotografen haben mit Fotoshop arge Probleme. Farben und Helligkeit und vor allem das Stempeln sowie die Scantechnik an sich fällt eindeutig in das Gebiet der Grafiker und Gestalter. Fazit: Sparen Sie das Geld und gehen Sie lieber fotografieren '.

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Was tun sprach Zeus?

Filme oder Chips nehmen - analog oder digital fotografieren?

Nehmen Sie das, was Ihnen am meisten Spaß macht.

Wenn Sie gerne am Computer arbeiten, dann nehmen Sie Chips und machen digitale Datensätze.

Wenn Sie lieber weniger oft am Computer sitzen, dann nehmen Sie Filme und machen Dias oder Negative.

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Wenn Schriftsteller zusammenstehen, reden sie darüber, wie man am besten eine Figur in einem neuen Roman anlegt, wie man die Charaktere entwickelt und wie diese im Fortgang der Arbeit ein nicht mehr steuerbares Eigenleben entwickeln. Sie reden nicht darüber, welche Schreibmaschine wohl die beste ist, um darauf Romane zu tippen.

Wenn Maler zusammenstehen, dann reden sie darüber, wie die Dominanz einer Farbe das innere Gleichgewicht einer Bildkomposition verändert, oder wie die Abstrahierung eines Gegenstandes die Emotionen des Betrachters in eine andere Dimension lenken. Sie reden nicht darüber, mit welchen Pinseln man die schönsten Gemälde schaffen kann.

Bei Naturfotografen ist das ganz anders: Die reden nie über Naturfotografie, sondern immer und ausschließlich über Handwerkszeug. Über Kameras, Filme und Objektive - aber nie über Kompositionen oder darüber, wie man den Betrachter fesseln kann.

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Überlegen Sie sich, wo Sie arbeiten wollen. Am Nord- und Südpol ist es kalt, aber gesund.
Im Dschungel kann man fantastische Fotos machen, aber es gibt dort auch viele kleine Tiere, die den Menschen als ihre Lebensgrundlage betrachten.
Im Dschungel können Sie 60 Würmer ins Bein unter der Haut bekommen, die sich da Gänge graben - gleichzeitig. Sie können Typhus, Hepatitis und Malaria bekommen - auch gleichzeitig.

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Sehr geehrter Herr Pölking,

nach dem Lesen Ihres Buches »Naturfotografie: Tiere, Pflanzen, Landschaften; Wege zur professionellen Qualität« möchte ich mich direkt an Sie wenden.

Dem Buch konnte ich etliche wertvolle Tips, besonders zum Bereich Ausrüstung entnehmen. Doch taucht beim Lesen derartiger Bücher bei mir immer wieder eine Frage auf, die ich bisher nie beantwortet fand. Wie haben all die großen Fotografen einmal angefangen? Haben sie etwa ihre Autos verkauft, um in eine vernünftige Ausrüstung zu investieren, mit der sich professionell arbeiten läßt und entsprechend professionelle Arbeiten abliefern lassen, oder sind auch sie anfangs mit weniger und preiswerter Optik losgezogen? Mit der natürlich wiederum gewisse Einschränkungen bezüglich der Qualität und Möglichkeiten beim Fotografieren gegeben sind. Schwierig, wo für Veröffentlichungen Topbilder erwartet werden und die Konkurrenz groß ist.

Kurz und kapp: Muß ich mir jetzt eine F5, ein 4.0/600 mm Nikkor und einige weitere hochwertige Objektive zulegen, um die Chance auf eine eventuelle Möglichkeit einer Veröffentlichung zu haben? Wie haben Sie begonnen, um jetzt da zu sein, wo Sie sind?

Für die Zeit zur Beantwortung dieses Briefes bedanke ich mich jetzt schon einmal.

Mit freundlichen Grüßen aus Tönisvorst, Ihr Matthias Landscheiten.

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Sehr geehrter Herr Landscheiten,

vielen Dank für Ihr freundliches Schreiben. Die Rolle der Ausrüstung in der Naturfotografie wird von Fotoamateuren meistens weit überschätzt.

Ob ein Foto gut oder erfolgreich ist, hängt in der Regel weit mehr von folgenden Faktoren ab:

1. Es sollte vom Bildinhalt her interessant sein und Emotionen wecken.

2. Es sollte gut gestaltet sein (z.B. Goldener Schnitt, Schwerpunkt, Perspektive, Farbkomposition, Konzentration auf Wesentliches, also keine geschwätzigen oder überflüssigen Bildanteile usw.).

3. Es sollte handwerklich äußerst sorgfältig gearbeitet sein (nicht verwackelt, richtig belichtet, Schärfe richtig gelegt, Horizont gerade, Blende optimal (nicht zuwenig, aber auch nicht zuviel Tiefenschärfe) u.a..

Erfolg beruht auf Wissen, auf »zur rechten Zeit am rechten Platz sein«, und auf der handwerklichen und künstlerischen Beherrschung seines Werkzeuges.

Dazu gehört Training: Ein Pianist übt täglich 6-8 Stunden, ein Tennisspieler trainiert täglich 3-5 Stunden, welcher Fotoamateur trainiert und übt überhaupt, und sei es nur eine halbe Stunde täglich? Welcher Amateur versucht als Beispiel die Lichtmessung, die Belichtungsmessung, die Graukarte, die Spotmessung, die Integralmessung oder die Sonnige-16 zu beherrschen, um nur einmal ein einziges, winziges Detail unter vielen zu erwähnen.

Der Anteil der Ausrüstung am Erfolg wird vor allen Dingen auch deshalb von Fotoamateuren gerne weit überschätzt, weil es für das eigene Ego natürlich wesentlich angenehmer ist, naturfotografische Mißerfolge auf fehlende, teure technische Möglichkeiten abzuwälzen, als sie dem eigenen handwerklichen oder künstlerischen Unvermögen, oder fehlendem biologischen Wissen zuzuschreiben.

Neutral betrachtet ist es vielleicht so vergleichbar: Naturfotoprofis kaufen sich natürlich die bestmögliche Ausrüstung, ebenso wie etwa Steffi Graf sich auch den bestmöglichen Tennisschläger kauft, ohne Rücksicht auf die Kosten. Sie würde aber auch mit einem preiswerten, mittelmäßigen Schläger gewinnen - wogegen ein schlechter Tennisspieler auch mit dem besten und teuersten Schläger der Welt nicht den Hauch einer Chance hätte, ins Wimbledon-Endspiel einzuziehen

Daher kann man jedem, der gut und erfolgreich in der Naturfotografie arbeiten möchte nur raten, sein biologisches Wissen ständig zu erweitem und immer seine fotografischen - handwerklichen wie künstlerischen - Fähigkeiten zu schulen und weiterzuentwickeln, und nicht so sehr auf die Ausrüstung zu schielen.

Kurz und knapp: Der Weg, über eine tolle Ausrüstung zu großartigen und beeindruckenden Fotos zu gelangen, ist ein Irrweg. Es geht nur über den mühsamen Weg zu versuchen, ein toller Fotograf zu werden.

Eine Stradivari macht keinen guten Musiker, eine elektrische Schreibmaschine keinen guten Schriftsteller, ein goldener Meißel keinen guten Bildhauer und eine F-5 oder EOS-I keinen guten Naturfotografen.

Leider - denn wenn, dann brauchte man keine zehn bis zwanzig Jahre, um ein guter Naturfotograf zu werden, sondern könnte den langen und beschwerlichen Weg erheblich abkürzen. Etwa durch taxifahren, um die teure Ausrüstung zu finanzieren, und hätte es dann vielleicht schon in ein bis zwei Jahren geschafft. Sorry ...

Es würde mich freuen, wenn ich Ihnen mit diesen Hinweisen eine kleine Hilfe sein konnte.

Mit freundlichen Grüßen, Ihr Fritz Pölking

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