Fritz Pölking

Nostalgie

Die ganz, ganz Alten unter Ihnen wissen vielleicht noch, das die Zeitschrift NATURFOTO aus dem Tecklenborg Verlag von mir 1969 gegründet, und ungefähr 20 Jahre lang als Herausgeber betreut wurde.

Damals war ich ein eifriger Editorialschreiber, und zwei von diesen, die mir jetzt zufällig wieder in die Hände fielen, und die so 2o-25 Jahre alt sein mögen, möchte ich Ihnen nicht vorenthalten.

Moderne Technik ist ja eine feine Sache: Früher hätte man die Texte langwierig und langweilig abschreiben müssen. Heute gibt man sie in den Scanner, schaltet das Texterkennungsprogramm ein und hat sie eine Minute später auf dem Computer, und zehn Minuten später im Internet für jeden in der ganzen Welt - der will - lesbar und zur Verfügung. Wer hätte vor 30, 20, 10 oder auch nur vor 5 Jahre gedacht, dass so etwas möglich sein wird und auch, dass so ein Zauberding wie ein Scanner mit Texterkennungsprogramm nur 179,- DM kosten wird...

Editorial:

Warum gibt es keine deutsche Fotoindustrie mehr?

Nun, wir haben Novoflex, Balda und noch ein oder zwei mittelständische Betriebe, aber die großen Kamerahersteller?

Voigtländer ist nur noch eine Handelsmarke der Plus-Fotogruppe, die sich in der ganzen Welt ihre Geräte zusammenkauft und ein Schild " Voigtländer" davorkleben läßt. Rollei gehört den Engländern, Leitz den Schweizern, und viele andere, wie Zeiss oder Edixa, haben schlicht zugemacht. Wie konnte das passieren?

Vielleicht sollte man einmal da anfangen, wo die deutsche Fotowelt noch in Ordnung war, so um 1960, als noch niemand etwas von japanischen Spiegelreflex-Kameras gehört hatte und der Weltmarkt fest in der Hand der deutschen Fotoindustrie war.

Damals gehörte der Spiegelreflexmarkt in der Bundesrepublik den Edixa-Kameras. Es waren schöne, für die damalige Zeit hochmoderne Kameras, die sogar als erste der Welt schon einen Rückschwingspiegel hatten, wo es bei allen anderen nur "plob" machte, und dann war es im Sucher bis zum neuen Spannen des Verschlusses dunkel. Die Edixas hatten nur eine Macke: bis 1/250 sec. arbeitete der Verschluß einwandfrei, aber bei 1/500 und 1/1000 sec. zog er ungleichmäßig durch. Das sah man vor allem bei Flugaufnahmen - da war der Himmel immer oben rechts im Bild dunkelblau und loben links im Bild war er hellblau. Wenn man Herrn Wirgin, den Besitzer der Edixa-Werke daraufhin ansprach und fragte, warum er den Verschluß nicht konstruktiv verbessern ließe, so antwortete er lapidar: "Warum denn, die Leute kaufen die Kameras doch auch so."

Als dann Anfang der sechziger Jahre die erste Leicaflex auf dem Markt erschien, kaufte ich mir 1964 unter Ausnutzung aller finanzieller Reserven ein Leicaflex-Gehause. Endlich eine Kamera, wo man beim Renommee von Leitz davon ausgehen konnte, daß deren Verschluß gleichmaßig ablaufen würde.

Um so größer war mein Entsetzen, als ich das Leicaflex-Gehäuse an mein Noflexar anschloß; im Sucher war kaum etwas zu sehen. Das heißt: es war wohl etwas zu sehen, aber nicht da, wo in der Regel das zu fotografierende Tier steht, nämlich in der Bildmitte. Hier war nur ein dunkles, grau flimmerndes, zerrissenes Bild aus Mikroprismen. Damals wußte man als Verbraucher noch nicht, daß diese Scheiben nur für lichtstarke, kurzbrennweitige Objektive geeignet sind.

Ich vermutete also einen Defekt an der Einstellscheibe und schrieb einen Brief nach Leitz, ob ich das Gehäuse zur Reparatur einschicken sollte.

Die Antwort von Leitz lautete: "Die Scheibe sei optimal geeignet für Brennweiten bis 200 mm und Lichtstärken bis 1 :4. Bei längeren Brennweiten und geringeren Lichtstärken hätte man im Mittelkreis bei dieser Scheibe mit einer Abdunkelung und vergrößerten Vierkantprismen zu rechnen, auf denen man nicht scharf einstellen könnte. Das wüßte man bei Leitz. Es wäre aber nicht schlimm, wenn man bei der Aufnahme das Tier nicht sehen würde, man könnte ja auf das "Drumherum" einstellen; und nachher auf dem Negativ wäre sowieso alles drauf, weil die Sucherscheibe keinen Eintluß auf das Dia hätte. Daher wären auch keine anderen Einstellscheiben vorgesehen." Das war 1964.

1980, also nur 16 Jahre später, las ich in einer Pressenotiz, daß Leitz sich jetzt auf Anregung von Sport- und Naturfotografen entschlossen hätte, auf Wunsch die serienmäßige Mikroprismenscheibe im Werk durch eine Vollmattscheibe zu ersetzen.

Und da gibt es Leute, die sagen, daß man bei Leitz nicht auf Kundenwünsche reagiert! Natürlich sind das Zeiträume, in denen sonst nur der Vatikan zu denken und zu planen pflegt; aber da sieht man, in welchen Sphären manche Firmen schweben.

Ebenfalls 1980 hatte ich auf dem Weg von den Pribiloff-lnseln zum Denali-Nationalpark in Anchorage zwei Tage Aufenthalt, und nahm in einem Fotogeschäft beim Filmkauf einen Leica R-3 Prospekt mit. Unter Einstellscheiben stand dort: Die Einstellscheibe der Leica R-3 ist so vorzüglich, daß sich auswechselbare Einstellscheiben erübrigen. Zwei Wochen später nach der Landung in Frankfurt kaufte ich das neue Foto-Magazin und da stand: Leitz baut jetzt eine Leica R-4 mit 5 auswechselbaren Einstellscheiben. ..

In meinem Fotoschrank befinden sich zwei Olympus OM-2 Kameras und seit kurzem auch eine Nikon F-3 HP. Da der berühmte Zahn der Zeit eine Brille erzwang, kam die Nikon dazu, weil sie im Augenblick die einzige Spiegelreflex auf dem Weltmarkt ist, bei der man auch mit Brille das ganze Sucherfeld übersehen kann und auch noch die eingespiegelten Zeiten und Blendenwerte, ohne sich die Augen zu verrenken. Alle drei Gehäuse natürlich für das 5,6/400er Novoflex mit Vollmattscheiben ausgerüstet.

Was mir an der neuen Leica R-4 gefiel, war die Zeitautomatik mit mittenbetonter Ganzfeldmessung, umschaltbar auf Spotmessung. Das ist natürlich bei hellen Tieren vor dunklem Hintergrund oder dunklen Tieren vor hellem Hintergrund optimal. Natürlich ist der Suchereinblick mit Brille bei der R-4 genau so schlecht wie bei der OM-2, aber was ist schon vollkommen?

Besonders lustig ist das bei der neuen OM-4; da kann man mit Brille entweder das Sucherbild oder die LCD-Sucheranzeigen mit ihren ganzen Informationen wie SPOT, MEMO, SHADOW usw. sehen, aber niemals und auf keinen Fall beides zusammen. Anscheinend ist es den Konstrukteuren in den einzelnen Kamerawerken bei Höchststrafe untersagt, irgendetwas kundenfreundliches von anderen Kameraherstellern aufzugreifen.

Ich bestellte mir also wegen der schönen Spotmessung ein Leica R-4 Gehäuse, natürlich gleich mit zusätzlicher Vollmattscheibe. Erste Tat war nach den Auspackarbeiten: Scheibe wechseln und dann ein Blick durch das 2,8/135 mm Elmar. Erster Schreck - ganz dunkles Sucherbild. Aufatmen - du hast vergessen, das Objektiv von M (Manuell) auf A (Automatik) umzustellen, und dadurch hast du jetzt ein Sucherbild mit Blende 5,6. Aufatmen - dann noch größerer Schreck: das Elmar kann man überhaupt nicht umstellen von M auf A. Das ist die Blende 2,8. Aber das kann doch nicht sein! Nachdenken - welchen Fehler hast du gemacht? Keiner zu entdecken. Fotoschrank geöffnet, um zu vergleichen:

OM-2 mit Vollmattscheibe und Zuiko 2,8/135 mm zeigt was? Ein strahlend helles Sucherbild.

Nikon F-3 HP mit Vollmattscheibe und Nikkor 2,8/135 mm zeigt was? Ein strahlend helles Sucherbild.

Leica R-4 mit Vollmattscheibe und Elmar 2,8/135 mm zeigt was? Ein dunkles und grau-flaues Sucherbild.

Subjektives Empfinden: BI. 5,6 und Erinnerungen an die gute alte Edixa von vor 25 Jahren mit ihrer 10 mm dicken Vollmattscheibe ganz aus Glas tauchten auf.

Des Rätsels Lösung: Nikon liefert eine fresnellgeschliffene Vollmattscheibe, Olympus liefert eine fresnellgeschliffene Vollmattscheibe, nur Leitz liefert eine dunkle Scheibe ohne Alternativen (Pikanterweise bietet Nikon diese Scheibe, die Leitz für die Sport- und Tierfotografen vorgesehen hat, auch an. Aber ausdrücklich mit dem Hinweis: Nur für Sonderfälle und nur für extrem helle Lichtverhältnisse geeignet).

Olympus liefert sein OM-2 Gehäuse heute etwa zum Marktpreis von 550,- DM und läßt dem Kunden die Wahl zwischen 12 Einstellscheiben, davon 3 für Teleobjektive gut geeignet. Nikon liefert sein F-3 Gehäuse heute etwa zum Marktpreis von 1200,- DM und läßt dem Kunden die Wahl zwischen 22 Einstellscheiben, davon 5 für Teleobjektive gut geeignet. Leitz liefert sein R-4 Gehäuse heute etwa zum Marktpreis von 2000,- DM und läßt dem Kunden die Wahl zwischen 5 EinsteIlscheiben, davon ist eine für Teleobjektive geeignet, und an der hat man wahrlich nicht viel Freude.

Leitz fragt in seiner Werbung immer, ob man ein Leonardo da Vinci der Fotografie werden möchte. Meine Wünsche sind viel bescheidener. Mir würde es schon genügen, wenn ich durch meine R-4 soviel sehe, wie durch die Sucher der wesentlich preisgünstigeren Mitbewerber. Es muß nicht mal mehr sein.

Mein Brief an Leitz mit der Bitte um Einbau einer brauchbaren Vollmattscheibe (Ich würde auf Wunsch auch eine Olympus- oder Nikon-Scheibe zum Anpassen einschicken) wurde abschlägig beschieden. Begründung: Siehe Leitzantwort von 1964.

Aber in 16 Jahren, so etwa 1998 bis 2000, können Sie mit Sicherheit eine Pressenotiz finden in der steht, daß Leitz sich jetzt entschlossen hat - auf Anregung der Sport- und Naturfotografen -, für die neue Leica R-5 auf Wunsch eine helle, fresnellgeschliffene Vollmattscheibe zu liefern.

Vor 20 Jahren war Leitz neben Mercedes die Verkörperung des .Made in Germany. in der ganzen Welt. Heute haben das Sagen bei Leitz die Schweizer, die Innereien der R-4 kommen von Minolta, die Objektive aus Kanada und zusammengebaut wird das Ganze in Portugal. Wenn man das vor dreißig Jahren auf dem Marktplatz von Wetzlar als Zukunftsprognose geäußert hätte, man wäre auf der Stelle gesteinigt worden.

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Ehrlich gesagt habe ich es nie so richtig verstanden, warum alle großen deutschen Kamerahersteller in den letzten zwei Jahrzehnten so völlig sang-, klang-, und vor allen Dingen kampflos, von der Weltbühne verschwunden sind. Jetzt endlich habe ich das Rätsel gelöst!

Erinnern Sie sich noch an das Agfa Super-8 Kamerasystem 'Family'? Das war ein am grünen Tisch konzipierter Flop von gigantischen Dimensionen. Laut Gerücht wollte der Verantwortliche dafür bei der Agfa sich mit Selbstmordabsichten aus dem vierzehnten Stock der Verwaltung stürzen: Es gelang nicht. Draußen stapelten sich schon bis zum zwölften Stock die unverkäuflichen Kartons mit dieser Plastic-Filmkamera. Wenn es im 'Guiness Buch der Rekorde' eine Eintragung für das falscheste Produkt am verkehrtesten Platz zum ungünstigsten Zeitpunkt gäbe, Agfa hätte sie hierfür sicher bekommen.

Oder erinnern Sie sich noch an die 'neuen' Agfa-Spiegelreflex-Kameras so vor 6-8 Jahren? Man bestellte damals einfach einige tausend SLR's bei einem japanischen Hersteller, der sonst Foto Quelle und andere Nebenmärkte mit billigen SLR's belieferte, ließ sich ein Schild 'Agfa' davorpappen, und dachte sich: Die Leute kaufen das gleiche Zeug zum höheren Preis mit Agfa-Schild davor schon. Sie kauften es natürlich nicht. So blöde sind die meisten Fotoamateure nicht, wie manche Firmen es gerne hätten.

Oder sehen Sie sich Leitz an: Da baut man eine n e u e Leica R-5, mit Normaloptik 1:2 für DM 3.500,-, ohne speicherbare Spotmessung, ohne 1/4000 sek., ohne 1/250 sek. Blitzzeit, ohne eingebauten Motor, ohne motorische Rückspulung, ohne DX-Codierung, ohne Belichtungsreihen-Automatik, ohne Tiefenschärfen-Automatik, und natürlich auch ohne Autofocus. Das alles zusammen, plus Normaloptik 1:1,7, kann ich schon für DM 1.400, bei der EOS 620 bekommen - und spare dabei noch DM 2.100,-. Ob die im Leitz-Elfenbeinturm wirklich glauben, mit so einem Konzept überleben zu können? Sozusagen vom Fließband direkt ins Nostalgie-Schränkchen?

Des Rätsels Lösung ist ganz einfach: es interessiert die Firmen überhaupt nicht. Es handelt sich hier nämlich überhaupt nicht um Firmen des freien Marktes,sondern um Behörden. Wenn man das erst einmal erkannt hat, wird vieles klar. Eine Behörde will ja gar nicht verkaufen, die will in Ruhe gelassen werden. Eine Behörde will keine Entwicklung und keinen Fortschritt, der stört nur den Büroschlaf und die eingefahrenen Strukturen.

Mir ist das neulich klar geworden, als ich in der angesehenen Hamburger Wochenzeitung DIE ZEIT in einem Artikel über 'Die Kasten der Industriegesellschaft' bzgl. unserer Beamtenschaft folgenden Satz las: 'Wer den Sprung in den öffentlichen Dienst einmal geschafft hat, für den spielen berufliche Qualifikation, Können oder Engagement, Gesundheitszustand oder Lebensalter praktisch keine Rolle mehr'. Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen - d a s war die Lösung: die deutsche Fotoindustrie ist heimlich verstaatlichst worden. Glauben Sie nicht? Erinnern Sie sich noch an die Zeit, wo wir eine SPD-Regierung hatten, und damals Pläne bekannt wurden, die SPD wolle die Banken verstaatlichen? Das war nur ein Manöver, um die Presse und die Öffentlichkeit davon abzulenken, daß man gleichzeitig heimlich die deutsche Fotoindustrie verstaatlicht hat.

Klingt Ihnen zu abenteuerlich? Dann nennen Sie mir mal einen anderen einleuchtenden Grund, warum die deutsche Fotoindustrie, die schließlich vor zwanzig Jahren unangefochten den Weltmarkt beherrschte, so völlig desinteressiert und ohne auch nur den Versuch zu machen, Positionen zu halten, alles völlig passiv und halb beleidigt den Japanern überlassen hat.

Können Sie sich vorstellen, daß so eine 'Weltmacht', und das war die deutsche Fotoindustrie vor zwanzig Jahren, reagiert - eine der potentesten Industrien der freien Marktwirtschaft? Niemals, das kann nur eine Behörde mit Beamten an der Spitze, denen im Grunde alles völlig egal ist, wenn sie nur rechtzeitig Feierabend haben.,

Es gab deutsche SpiegeIreflex-Kameras von Voigtländer, von Agfa, von Rolleiflex, von Leitz; von Wirgin die Edixa, von Zeiss Ikon die berühmte Contarex, daneben die Contaflex mit Millionen Stückzahlen, die Icarex - und die alle, mit dem Weltmarkt in der Tasche, mit Spitzenqualität, mit erstklassigen Fachleuten in der Produktion, mit Ingenieuren und Forschern in den Entwicklungsabteilungen die in der Lage waren, die modernsten und besten SpiegeIreflex-Kameras der Welt weiterzuentwickeln, mit einem Management, das in der deutschen Industrielandschaft mit zum Feinsten zählte - die alle sollen einfach beleidigt gesagt haben: Wenn die Japaner meinen sie könnten bessere und billigere SlR-Kameras bauen wie wir, dann sollen sie eben. Dann stellen wir eben einfach die Produktion ein und schließen unsere Fabriken. Können Sie sich vorstellen, daß eine kerngesunde Industrie so reagiert, ohne 'Ärmelaufkrempeln', ohne zu versuchen um Marktpositionen zu kämpfen, ohne zu versuchen die Produkte besser zu machen als die der Japaner, um einen Vorsprung in Qualität und Innovation zu halten wie es etwa die deutsche Automobilindustrie ja sehr gut macht?
Eben - das ist unvorstellbar, und daher gibt es nur eine einleuchtende Erklärung: die SPD hat damals die deutsche Fotoindustrie heimlich verstaatlicht, und deshalb arbeitet sie eben heute wie die Bahn oder Post: Riesenverluste, uninteressierte Mitarbeiter, mäßiges Management, keine Innovationen, kundenunfreundlicher Service und fast völlige Unbeweglichkeit.

Sie glauben mir immer noch nicht? Ich kann Ihnen noch einen brandneuen Beweis aus diesem Jahr liefern:

Da geht ein Naturfotograf in das Fotohaus Duttenhofer in Würzburg und möchte ein Zeiss Mirotar 5,6/1000 mm kaufen, und nicht einmal der Preis von DM 35.000, für diese Linse kann ihn abschrecken. Fotofachverkäufer Hans Jürgen Schneider ist natürlich hocherfreut und ruft gleich bei Zeiss an, ob er das Ob,jektiv schnell bekommen kann. Man teilt ihm mit, daß es im Augenblick nur mit Contax-Anschluß lieferbar ist. Da der Kunde aber mit einer Leica fotografiert, bat Hans Jürgen Schneider die Firma Zeiss, doch den Contax-Anschluß abzuschrauben, und durch einen LeicaAnschluß zu ersetzen; denn er wollte sich und seiner Firma verständlicherweise ein 35.000, DM-Geschäft nicht entgehen lassen. Zeiss antwortete, der Austausch des Anschlusses sei machbar. Lieferzeit etwa 2 (zwei) Jahre!!!

Nun habe ich mir einmal privat überlegt, was ich machen würde, wenn ich ein Spiegelobjektiv habe mit Contax-Anschluß, und möchte es an einer Leica benutzen. Ich würde also erst bei Tamron oder Novoflex in Memmingen einen Leica-Anschluß anfordern, was mit Postweg etwa drei Tage dauern würde. Dann ging ich nach dem Frühstück zu meinem Feinmechaniker und würde ihn fragen, ob er die beiden Anschlüsse auswechseln könnte. Der würde mir dann sagen: Im Prinzip ist das überhaupt kein Problem, denn das Zeiss Mirotar ist .ja ein Spiegelobjektiv, völlig ohne Übertragungsfunktionen für eine Springblende - es ist also nur der eine Anschluß abzuschrauben, der andere aufzuschrauben, und eventuell eine Distanzplatte zu unterlegen, damit die Unendlicheinstellung stimmt. Ich muß nur noch ein Spektiv justieren, und hier an dem Nivelliergerät ein abgebrochenes Stativbein ersetzen, dann mache ich das gleich, und heute Nachmittag kannst Du das Mirotar wieder abholen. Bring' aber die Leica mit, damit wir die Unendlicheinstellung überprüfen können.

Nun war die Lieferzeit von zwei Jahren für das Auswechseln eines Kameraanschlusses an einem 35.000, DM-Auftrag selbst einer Behörde wie Zeiss etwas peinlich, als die Sache ruchbar wurde. Man stellte firmenintern Nachforschungen an, und gab ein Statement heraus, daß solche Sachen in Zukunft schneller über die Bühne gehen würden. Im Falle das ein Leitz-Anschluß gewünscht wäre, würde das in Zukunft n u r sechs Monate dauern.

.Sehen Sie, und deshalb glaube ich, daß unsere Fotoindustrie heimlich verstaatlicht worden, und das ganze Management in den Beamtenstatus überführt worden ist. Denn mal ehrlich: Können Sie sich vorstellen, daß in der freien Wirtschaft, die vom Verkaufen und von Marktanteilen lebt, daß da so etwas möglich wäre?

Herzlichst, Ihr Fritz Pölking

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